05: Somalia

Dürre als wiederkehrendes Problem in Somalia

Seit 30 Jahren leiden die Menschen in Somalia unter einem Bürgerkrieg. Ursache dafür ist das ehemalige autoritäre Herrschaftssystem, welches das Clanwesen instrumentalisierte und das Land durch seine zentralstaatliche Willkür und Ressourcenplünderung unterdrückte. Doch auch der Osten (UdssR) und die USA trugen durch Waffentransporte und monetäre Unterstützung 1988 zum Ausbruch des bis heute anhaltenden Bürgerkriegs bei.

Aber nicht nur der Bürgerkrieg belastet die Bevölkerung, auch die lang anhaltenden Dürren sind Auslöser für viel Leid. Die seit Jahrzehnten schwerste Dürre traf 2010 bis 2012 die Menschen am Horn von Afrika hart. Die anhaltende Trockenheit vernichtete Ernten, ließ das Vieh verenden, schränkte die Wasser- und Nahrungsverfügbarkeit drastisch ein und trieb die Lebensmittelpreise in die Höhe. Von der Dürre und dessen vielseitigen Auswirkungen waren 13 Millionen Menschen betroffen, insbesondere in Somalia sowie in Teilen Äthiopiens und Kenias. In Somalia kam es zur schlimmsten Nahrungskrise seit 20 Jahren. Ungefähr 250.000 Somalier, darunter 133.000 Kinder unter fünf Jahren, fielen der darauffolgenden Hungersnot zwischen Oktober 2010 und April 2012 zum Opfer. Auf dem Höhepunkt der Krisensituation starben im Jahr 2011 ca. 30.000 Menschen pro Monat. Nach dem Ende dieser Dürre begann die nächste bereits vier Jahre später. Sie hielt diesmal drei Jahre an und endete im Herbst 2019 mit in kurzer Zeit auftretenden starken Niederschlägen, die keine Linderung, sondern im Gegenteil neue Probleme brachten. Die zuvor ausgetrockneten Böden konnten das Wasser nicht aufnehmen, das Land wurde über-schwemmt und weggespült, Häuser wurden von den Fluten weggerissen und am Ende bildete das nun feuchtheiße Land optimale Brutbedingungen für Heuschrecken. Es folgte Anfang 2020 eine Heuschreckenplage, durch die bereits nach einigen Wochen 60 % der potenziellen Ernte vernichtet wurde, weil Heuschrecken die Pflanzen befielen.

Die Dürren und ihre Folgen des vergangenen Jahrzehnts trieben Hunderttausende in die Flucht. Allein 2011 flohen fast 300.000 Somalier, mehr als die Hälfte von ihnen nach Nordkenia, wo die meisten im weltweit größten Geflüchtetencamp Dadaab landeten. Aktuell leben knapp eine Million somalische Geflüchtete in anderen Ländern, die meisten in benachbarten Ländern der Region, hinzukommen 2,6 Millionen Binnenvertriebene.

Besonders der Landbevölkerung raubte die Dürre jegliche Lebensgrundlagen. Nicht einmal in vergleichsweise ertragreichen Jahren können somalische Bauernfamilien ausreichend Vorräte erwirtschaften. Nomaden stellen einen Großteil der somalischen Bevölkerung dar und verloren durch die Dürre ihr Vieh. Darüber hinaus wurden ihre Wanderungsbewegungen in den letzten Jahren durch die wachsende Bevölkerung und die zunehmende Konkurrenz um Land und Wasser mit ansässigen Bauern und Bäuerinnen eingeschränkt. Wasser- und Nahrungsmangel infolge der Dürre zwangen sie, ihre Heimatregion zumindest vorübergehend zu verlassen.

iStock (2020): Flache Karte von Somalia mit Flagge – Vektor Illustration.

Klimakatastrophe am Horn von Afrika

Das Horn von Afrika ist eine der ärmsten und am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen der Welt. In Folge des Klimawandels wird die Temperaturerhöhung in diesem Jahrhundert in Afrika voraussichtlich drei bis vier Grad betragen und damit über dem globalen Durchschnitt liegen. Weitere und intensivere Dürren sind die Folge, aber auch Desertifikation, Sturzfluten in der Regenzeit und Bodenerschöpfung werden sich künftig noch verschärfen. Die Ausdehnung der trockenen Gebiete aufgrund der Erwärmung führt außerdem zum Rückgang der Anbauflächen und damit zu Ernteausfällen und Hungersnöten. Wenn fruchtbares Land verschwindet und Ressourcen immer knapper werden, wird auch das Konfliktpotenzial zunehmen: So wirken Klimawandel, bewaffnete Konflikte und Fluchtbewegungen gefährlich zusammen.

Der Wassermangel, unter dem bereits viele afrikanische Länder leiden, wird weiter zunehmen und das in einer der Regionen südlich der Sahara, in der bereits rund ein Drittel der weltweit 884 Millionen Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und ausreichenden Sanitärversorgungen leben. Verschmutztes Wasser und mangelnde Hygiene führen zu Durchfallerkrankungen, Cholera, Typhus und anderen Krankheiten.

Bis heute bleibt die humanitäre Situation also katastrophal. Gewaltkonflikte und Ressourcenknappheit behindern Entwicklung, die extreme Armut begrenzt die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel erheblich. Bevölkerungswachstum, die Übernutzung und Degradierung von Ökosystemen und natürlichen Ressourcen sowie die vielerorts schwachen staatlichen Strukturen und Leistungen machen Länder wie Somalia besonders verwundbar für die Auswirkungen des Klimawandels. Viele Menschen sehen sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und versuchen in einer anderen Region oder in einem benachbarten Land ihr Überleben zu sichern.

 

Wie wird bereits geholfen? Beispiele

Es gibt eine Vielzahl an Initiativen und Hilfsorganisationen in Somalia, die sowohl finanzielle als auch humanitäre Hilfe anbieten. Eine dieser Organisation ist die Nichtregierungsorganisation NAPAD (Nomadic Assistance for Peace and Development). Sie wurde 2006 von somalischen NGO- und UN-Mitarbeitern gegründet und arbeitet für und mit lokalen Gemeinden am Horn von Afrika zusammen und unterstützt Gemeinschaften bei der Verbesserung ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Lebensbedingungen. Ziel der Organisation ist es vor allem humanitäre Hilfe zu leisten und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Dabei unterstützt NAPAD eigenverantwortliche und partizipative Prozesse der Gemeinschaften. Arbeitsschwerpunkte sind Ernährungssicherung, Friedensförderung, Bildung, Wasser- und Sanitärversorgung. Durch ihre Hilfe konnten unter anderem mehr als 90 Hektar neues Ackerland mit solarbetriebener Bewässerung für verschiedene Kulturen wie Mais, Sorghum, Sudangras, Kuhbohnen, Tomaten und Zwiebeln versehen werden und bereits 1750 Landwirte wurden bei der Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion durch die Einrichtung solarbetriebener Bewässerungssysteme, Schulungen und die Bereitstellung von Betriebsmitteln unterstützt.

Ein weiteres Projekt, dessen Idee die Aktivistin Donia Jamal Adam und der Autor Mohammed Ibrahim Shire entwickelt haben, nennt sich „Somali Faces“. Adam und Shire haben für das Projekt mit Somaliern aus der Diaspora und dem Horn von Afrika gesprochen und möchten diesen eine Stimme geben. Betroffene berichten dort von ihren Erfahrungen mit Flucht, dem Leben in der Diaspora und in der Heimat. Das Online-Projekt wurde vor allem entwickelt, um die klischeehaften Vorstellungen über die Somalier zu durchbrechen. Es geht ihnen außerdem darum, ein Zeichen für die Einheit der Somalier zusetzen, um sie und andere zur Partizipation am Frieden anzuregen.

“Germany is the first place I ever visited outside Africa. Getting the hang with the German language was very difficult for me. The Germans are very friendly people but rarely speak English and on top of that have no clue about where I’m from. Random strangers used to ask me where I was from? When I use to reply with that I’m Somali, they would leave puzzled and confused. I felt so lonely. Oh, how I use too long to see a Somali face or someone that speaks the Somali language. In a way, it’s ironic. Back home, we can’t stand the sight of each other and hate each other because of clannism but once we are in the diaspora, we long for a familiar face.”

Somali Faces (2016): Geschichte eines Gesichtes.

Videos/Bilder

Y-Kollektiv (2017): Inside Somalia – Hungerkatastrophe trotz voller Supermarkt-Regale.

Quellen & Weitere Links