
01: Langeneß
Land unter
Die Hallig Langeneß liegt kurz vor der nordfriesischen Nordseeküste und ist mit gut 10 km2 die größte der insgesamt zehn nordfriesischen Halligen. Rund 100 Menschen leben auf der Hallig Langeneß, auf insgesamt 18 Warften. Warften sind aufgeschüttete Siedlungshügel, auf den die Häuser der Bewohnenden stehen, die u. a. dem Schutz der Menschen vor Ort vor Sturmfluten dienen.
Den Zustand „Land unter“ kennen die auf Langeneß lebenden Menschen gut. Bis zu zwanzig Mal jährlich heißt es hier „Land unter“. In Folge einer Sturmflut steht das Land dann so weit unter Wasser, dass nur noch die Warften und die darauf liegenden Gebäude aus dem Wasser ragen. Dieser Zustand hält in der Regel ein bis drei Tage an und die Bewohner sind in Ihrer Lebensweise auf diese Ausnahmesituation durch die Sturmfluten, in der das eigene Haus nicht verlassen werden kann und das Wasser bedrohlich nahekommt, vorbereitet. „Land unter“ beeinflusst darüber hinaus auch den Naturraum auf dem Halligland: Der Halligboden kann kaum Süßwasser speichern und daher ist der Boden sehr salzhaltig. Als großes Salzwiesengebiet bietet der Halligboden dadurch einen wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
Nicht immer verlaufen die Sturmfluten folgenlos für die Hallig-Bewohner: 1962 erlebte Langeneß die schwerste Sturmflut des 20. Jahrhunderts. Die Bewohner wurden von dem in die Häuser dringenden Wassermassenüberrascht und wer konnte, suchte Schutz in höheren Gebäuden. Häuser wurden zerstört und Süßwasserbecken überspült, wodurch die Trinkwasserversorgung kritisch wurde. Nach einer Phase der Erholung und des Wiederaufbaus folgten seitdem weitere Sturmfluten, wie z. B. 2013 durch das Sturmtief Xaver. Auch zukünftig werden die zunehmenden Sturmfluten und der steigende Meeresspiegel, welche unter anderem Folgen der globalen Erderwärmung sind, zur Bedrohung für das Leben auf Langeneß.
Nachfolgend die zeitliche und bildliche Abfolge von „Land unter“ am Beispiel der Christians- und der Tadenswarf auf Langeneß:



Kampf gegen den steigenden Meeresspiegel
Sowohl der Der Meeresspiegelanstieg als auch die sowie zunehmenden Extremwetterereignisse werden künftig zu r immer größeren Herausforderungen für die Menschen auf der Hallig sowie für die ortsspezifische Natur und die ansässige T, Tier- und Pflanzenwelt. Der durchschnittliche Hochwasserstand nimmt bereits Jahr für Jahr zu. Daraus ergibt sich allerdings nicht nur ein Problem für die Menschen Bewohner:innen vor Ort – eher im Gegenteil ist der Erhalt der Hallig nicht nur ein lokaler, sondern regionaler Schutz und somit für uns alle lebensnotwendig. Der Grund dafür ist ihre Funktionsweise: Sie dienen nämlich als natürliche Wellenbrecher und stabilisieren die Wattflächen, sodass die Halligen eine bedeutende Schutzfunktion für die Festlandsdeiche übernehmen.
Der Küstenschutz sichert durch ihre Arbeit das Überleben der Menschen vor Ort. Gut 10 % der Bewohner:innen arbeiten im Bereich des Küstenschutzes und schützen durch Ihre Arbeit und mit den dort getroffenen Maßnahmen das Überleben der Menschen vor Ort. Gleichzeitig stehen die dort getroffenen Maßnahmen im Küstenschutz – wie z. B. die jährlichen Uferbefestigungen in der Vergangenheit – – zunehmend in einem Spannungsfeld verschiedener Positionen. So schützen diese das Leben der Menschen auf der einen Seite, bedeuten auf der anderen Seite gleichzeitig einen – mit Blick auf den Schutz vor den Meeresspiegelanstieg nicht immer förderlichen – – Eingriff in den Naturraum. Hintergrund: Als Folge verschiedener Anpassungsmaßnahmen der Vergangenheit hat sich beispielsweise bereits eine starre Küstenstruktur auf den Halligen entwickelt. Diese wirkt Überschwemmungen entgegen, verhindert jedoch gleichzeitig eine natürliche Anpassung des Naturraumes an die Dynamik des Wattenmeeres. A Nach neueren Erkenntnissen ist allerdings ist insbesondere diese „natürliche Anpassung“ zum Schutz vor dem ansteigenden Meeresspiegel förderlich, da . Denn: Überflutungen spülen Sedimente anspülen, diese sich ablagern sich ab, verfestigen und zum „Wachstum“ der Hallig führen. sich und führen zum „Wachstum“ der Hallig. Ein Wachstum der Fläche der Hallig wiederum steht in einem positiven Zusammenhang mit dem Schutz vor dem Meeresspiegelanstieg. Bereits jetzt werden neue Küstenschutzmaßnahmen und –modelle diskutiert und entwickelt, um den effektivsten Schutz für das Leben auf den Halligen errichten zu können.
Wetterextreme: Sturmfluten & Regen vs. Trockenheit
„Zu viel Wasser“ in Form von Sturmfluten war lange Zeit das primäre Problem für die Bevölkerung auf Langeneß, nun kommt seit einigen Jahren ein weiteres Problem hinzu: „zu wenig Wasser“. Dies ist eine klimawandelbedingte Folge der ansteigenden Temperaturen und den zunehmend heißeren Sommern. Im Hitzesommer 2018 lagen beispielsweise allein die Wassertemperaturen konstant zwischen 25 °C und 28 °C. Für das Baden im Meer ein erfreulicher Zustand, doch für die Llandwirtschaft lichen Akteur:innen auf der Hallig bedeuten heiße Außentemperaturen eine echte Herausforderung. , unter der die Landwirtschaft leidet. 2018 war das sonst frisch grüne Gras gelb und wuchs nicht mehr, die Gräben waren vertrocknet.
Die Landwirtschaft ist neben dem Tourismus und Küstenschutz ein bedeutsames Arbeitsfeld auf der Hallig und generiert (Neben-)Einkommen. Durch heiße Perioden und Trockenheit wird die Produktion von Futtermitteln erschwert und bringt Arbeitende in der Landwirtschaft Landwirt:innen dazu, Viehfutter auf dem Festland (dazu) zu kaufen. Dies bedeutet zusätzliche Arbeit und Ausgaben, die zukünftig immer häufiger notwendig sein werden, zu Lasten der in der Landwirtschaft tätigen Menschen auf der Hallig. N: Mehr Aufwand und Ausgaben, die zukünftig immer häufiger notwendig sein werden. Denn neben Hitzephasen und Meeresspiegelanstieg erschweren auch stärker werdende Stürme und die Unterbringung alles Vieh auf den Warften, während „Land unter“ den landwirtschaftlichen Betrieb auf Langeneß. Der Aufwand im Bereich Viehhaltung erhöht sich während „Land unter“ u. a. dadurch, dass alles Vieh auf den Warften untergebracht und versorgt werden muss. Insgesamt verändert der Klimawandel also die Lebensrealität in fast allen Bereichen auf der Hallig.eine knifflige Angelegenheit für die Bewohner:innen.
Zukunft der Halligen:
Die Zukunft der Halligen ist ungewiss. Langfristige Prognosen für das Hallig-Leben gestalten sich jedoch eher düster und werfen viele Fragen auf: Nimmt der Zustand „Land unter“ weiterhin zu? Halten die Deiche und Warften dem steigenden Meeresspiegel stand? Wie lange ist Landwirtschaft – als Haupt- und Nebenerwerbsquelle – – noch praktizierbar? Und vor allem: Wie viele Generationen können noch auf Langeneß wohnen, bevor die Menschen Bewohner:innen aufs Festland umziehen müssen?
Videos/Bilder
Quellen & Weitere Links
- Arne Dunker, Jana Steingässer, Manolo Ty (2020): Nordsee-Südsee – Zwei Welten im Wandel. https://www.knesebeck-verlag.de/nordsee_suedsee/t-1/836. (abgerufen am 10.03.2022).
- Biosphäre die Halligen (2022): Lebensraum. https://halligen.de/halligstiftung/lebensraum. (abgeru-fen am 09.01.2022).
- BPB (2018): Klimawandel auf Hallig Hooge: Wahrnehmungen, Maßnahmen, Kontroversen. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/273591/klimawandel-auf-hallig-hooge/. (abgerufen am 10.03.2022).
- Die Bundesregierung (2018): Forschung zum Küstenschutz. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/die-halligen-hier-ist-bis-zu-40-mal-im-jahr-land-unter–1560068. (abgerufen am 10.03.2022).
- MEERblick.blog (2019): Erstes Landunter 2019. https://meerblick.blog/2019/01/11/erstes-landunter-2019/. (abgerufen am 10.03.2022).
- NDR Doku (2020): 7 Tage… auf der Hallig. https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/7_tage/7-Tage-auf-der-Hallig,siebentage1393.html. (abgerufen am 06.02.2022).
- NDR Doku (2020): Land unter auf Hallig Hooge. https://www.youtube.com/watch?v=L-zKZ3iFf68. (abgerufen am 10.03.2022).
- WWF (2022): Klimawandel bedroht Halligen. https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/wattenmeer/klimawandel-bedroht-halligen. (abgerufen am 06.02.2022).