04: Kiribati

Inseln Versinken

Weltweit sind die Pazifikinseln am stärksten vom Klimawandel betroffen. Inselstaaten wie Kiribati, das aus 33 tief liegenden Atollen besteht, die im Schnitt nicht mehr als zwei Meter über den Meeresspiegel ragen, drohen unterzugehen. Nach Berechnungen der Weltbank könnte der Inselstaat im Jahr 2050 größtenteils nicht mehr bewohnbar und spätestens 2070 überschwemmt sein, aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels. Damit dürfte Kiribati eines der ersten Länder sein, welche infolge des Klimawandels zum Großteil im Meer versinken werden.

Anote Tong, der frühere Staatspräsident Kiribatis, wies schon frühzeitig auf Klimakonferenzen und in Interviews darauf hin, dass der Meeresspiegelanstieg im Zuge des Klimawandels der Bevölkerung von Kiribati schon jetzt hohe Opfer abverlangt. Als Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel erwarb die Regierung unter ihm bereits ein Stück Land auf Fidschi, einen anderen südpazifischen Inselstaat, der allerdings eine höher liegende Landfläche besitzt. Dieses Land soll laut Anote Tong vor allem der Ernährungssicherung seiner Bevölkerung dienen und landwirtschaftlich genutzt werden, denn die landwirtschaftliche Situation auf Kiribati gestaltet sich zunehmend schlechter durch die klimawandelbedingte Versalzung der Böden und des Grundwassers. Allerdings könnte das Land auf Fidschi auch als Ausweichmöglichkeit genutzt werden, um die eigene Bevölkerung umzusiedeln, wenn ihre Inseln nicht mehr bewohnbar und die Menschen in Kiribati gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen.

Anote Tong: Staatspräsident Kiribati (2003-2016).

Die gesamte Bevölkerung Kiribatis lebt in Küstennähe. Den rund 100.000 Menschen wird eines Tages nichts anderes übrig bleiben, als umzusiedeln. Daher prägen Zukunftsängste und Unsicherheit zu einem großen Teil den Alltag. Unter den jungen Menschen wächst das Bewusstsein, nicht in ihrer Heimat bleiben zu können. Doch wo soll die Bevölkerung künftig leben, wenn ihr Land zwar schleichend, aber dennoch immer weiter im Meer versinkt? Wie kann sie ihre Identität, ihre Kultur bewahren? Die Regierung sucht Optionen für eine Umsiedlung. Bislang erhalten jährlich etwa 100 Einwohnende auf Grundlage eines Arbeitsmigrationsabkommens die Erlaubnis, in Neuseeland einzuwandern. Diese Form der Migration ist eine staatliche Reaktion auf den klimabedingten Wandel auf der Ebene der einzelnen Person. Was Anote Tong noch vor dem Klimagipfel in Paris 2015 für seine Landleute einforderte ist das Prinzip einer „Migration in Würde“. Es basiert darauf, dass man auf Augenhöhe mit der neuen Nation sein wolle, in die man umsiedelt. Diese Migration ebnet jedoch vor allem den Weg für diejenigen, die bereit und willens sind auszuwandern. Jedoch erreicht das Angebot nicht alle, insbesondere nicht diejenigen, die nur über sehr begrenzte Lese- und Schreibkenntnisse verfügen oder die ihren Lebensunterhalt weitgehend aus eigener Kraft bestreiten.

Ein ähnliches Schicksal droht den weiteren 21 südpazifischen Inselstaaten. Gelder für Deiche, wie sie in Deutschland oder Holland errichtet wurden, stehen ihnen nicht zur Verfügung. Dabei sind die Inselstaaten am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich: Die CO2-Emissionen pro Kopf lagen 2016 bei nur 0,6 Tonnen. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 8,8 Tonnen, in den Niederlanden 10 Tonnen pro Kopf.

Kiribati ist nur ein Beispiel. Weltweit leben ungefähr 200 Millionen Menschen (mit steigender Tendenz) in Küstengebieten fünf Meter über Normalnull. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts werden rund 130 Millionen Menschen in Küstenbereichen leben, die nicht weiter als einen Meter über dem Meeresspiegel liegen. Kiribati wird demnach vermutlich das erste, aber nicht das letzte Land sein, das untergeht, sollte die Weltbevölkerung es nicht schaffen, den Klimawandel aufzuhalten.

Versalzung von Boden, Grund- und Trinkwasser

Schon heute ist die Situation in Kiribati dramatisch. Infolge des Klimawandels ist nicht nur der Meeresspiegelanstieg eine Bedrohung, sondern auch die Intensität der Wetterereignisse nimmt zu. Beispielsweise gefährdet das häufigere Ausbleiben von Regen die Trinkwasserversorgung und stärker werdende Überflutungen und Stürme vernichten zunehmend die Lebensgrundlagen.

Der steigende Meeresspiegel kann in vielen Teilen der Erde zu Trinkwassermangel führen. Das Salzwasser sickert durch die Sedimente an der Küste und vermischt sich mit den Süßwasserspeichern im Landesinneren, sodass es für die Menschen ungenießbar wird. Gefährdet sind dabei nicht nur Inselstaaten wie Kiribati, auch in Amerika und hier in Europa ist die Gefahr groß.

Die übermäßige Beanspruchung der Wasserreservoire (Flüsse, Seen etc.) beschleunigt die Versalzung von Grund und Boden. Es wird mehr Wasser den Speichern entnommen als nachkommt, was dazu führt, dass mehr Salzwasser ins Landesinnere vordringen kann. Für die dort Ansässigen ist das in zweifacher Hinsicht schlimm. Einerseits wird das Trinkwasser knapp und andererseits werden die Anbauflächen aufgrund des Salzgehaltes unfruchtbar. Eine Möglichkeit, den steigenden Wasserbedarf zu decken sind Entsalzungsanlagen. Bereits heute kommen diese in vielen Staaten zum Einsatz. Problematisch hierbei ist allerdings der sehr große Energieverbrauch, der häufig durch fossile Brennstoffe gedeckt wird und folglich zur CO2-Produktion und damit auch zum Klimawandel beiträgt, was wiederum die Wasserproblematik verstärkt.

Kiribati versucht daher mit gutem Beispiel voranzugehen und international ein Zeichen zu setzen: Das Land bemüht sich um Anpassungsprogramme, um die eigenen minimalen klimaschädlichen Emissionen weiter zu senken durch die Verwirklichung diverse Solarprojekte. Doch um das Klima zu schützen und damit auch das Land vor dem Versinken zu retten, muss es primär darum gehen, die klimaschädlichen Emissionen der Hauptverursacherländer zu reduzieren.

 

Videos/Bilder

DW Documentary (2017): Kiribati: a drowning paradise in the South Pacific.

TED (2015): My Country Will Be Underwater Soon — Unless We Work Together.

A Film Company (2014): ThuleTuvalu (2014) Official Trailer.

Klimahaus Bremerhaven (2020): Nordsee | Südsee – Zwei Welten im Wandel.

Quellen & Weitere Links