14: Bolivien

Anden-Gletscher schwinden und Wassernotstand nimmt zu

Der Klimawandel lässt durch ansteigende Temperaturen und abnehmende Niederschläge die Schneedecke der Berggipfel im bolivianischen Hochland schwinden. Die Anden-Gletscher schmelzen. Damit versiegt die wichtigste Wasserquelle für die Bevölkerung Boliviens. In der trockenen Jahreszeit versorgen die Tropengletscher Flüsse in Bolivien, Peru, Kolumbien, Chile und Ecuador mit Wasser, in der niederschlagsreichen Zeit speichern sie das Wasser als Schnee. Die schnell fortschreitende Gletscherschmelze sorgt anfangs für mehr Wasser, bedroht langfristig jedoch die Wasserverfügbarkeit in der ganzen Anden-Region. Bereits heute sind einige Gletscher verschwunden. Schon im Jahr 2025 könnten 70 Prozent der Bevölkerung Lateinamerikas aufgrund der Gletscherschmelze und des ansteigenden Meeresspiegels von Wasserknappheit betroffen sein.

Le Monde diplomatique (2020): Anden-Gletscher Bolivien.

Viele bolivianische Bauernfamilien müssen ihr Leben auf dem Land aufgeben, weil das Schmelzwasser der Gletscher ausbleibt und Trockenheit und Dürren im Sommer ihre Ernten vernichten. Sie ziehen in Städte wie La Paz, doch dort leben sie oft in Armut und können sich die städtische Wasserversorgung nicht leisten. La Paz ist zu 30 % vom Schmelzwasser der Anden-Gletscher abhängig. Nicht nur der Klimawandel erschwert künftig die Wasserversorgung, auch die wachsende Stadtbevölkerung durch Landflucht und der steigende Wasserbedarf machen das Wasser knapper.

The Guardian (2016): Demonstranten mit Eimern protestieren in-mitten der Dürre im Zentrum von La Paz 2016.

Bolivien wurde 2015 und 2016 von einer schweren Trockenheit getroffen, in La Paz gab es kein fließendes Wasser. Auch der Lago Poopó, ein rund 1340 km² großer Salzsee in den Anden in Bolivien, ist Ende 2015 komplett ausgetrocknet. Für die Fischer war der See die einzige Lebens- und Ernährungsgrundlage. Durch die Austrocknung waren sie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und in die Städte zu ziehen. Um auf künftige Dürren vorbereitet zu sein, wurden zwischen 2016 und 2019 im Umland von La Paz drei neue Wasserreservoirs gebaut. In El Alto grub man neue Brunnen. Wasserleitungen wurden erneuert und Lecks abgedichtet, um die Versickerung zu minimieren. Genau solche Möglichkeiten der Anpassungen an den Klimawandel und Strategien zum Umweltschutz und zur Renaturierung müssen in Zukunft in Bolivien vermehrt entwickelt werden. Gegenteilig dazu ist beispielsweise die Abholzung im Departement von La Paz in den vergangenen Jahrzehnten dafür verantwortlich, dass die Bäche, die den Grundwasservorrat speisen, immer weniger Wasser führen.

Neben den Dürren ist Bolivien auch von anderen Katastrophen in den letzten Jahren verstärkt betroffen, wie etwa den Überschwemmungen in La Paz, Beni und Pando im Jahr 2014 und den Waldbränden in Chiquitania im Jahr 2019. Diese Zunahme von Naturkatastrophen, vor allem auf dem Land, führt dazu, dass mehr Menschen in die Städte abwandern.

SPIEGEL (2016): Bildvergleich: Lago Poopó im April 2013 (links) und im Januar 2016 (rechts).

Klimawandel und Urbanisierung

Migration und Urbanisierung sind in den Ländern Lateinamerikas stark ausgeprägt. 79 % der Bevölkerung lebt in Städten, bis zum Jahr 2050 werden es voraussichtlich mehr als 86 % sein. Schon heute verfügen rund 40 % der Stadtbevölkerung um geringe finanzielle Ressourcen. Bis zu einem Viertel, in Bolivien sogar rund die Hälfte der Stadtbevölkerung, lebt in Slums oder Provisorien. Meist haben sie keinen Zugang zu grundlegenden Einrichtungen und zur Sanitärversorgung.

Mit der fortschreitenden Urbanisierung, die durch die Auswirkungen des Klimawandels noch verstärkt wird, wächst die Armut in den Städten weiter. Hinzu kommen zusätzliche Umweltschädigungen durch die Zerstörung von Ökosystemen und Wäldern, Abfälle, Boden-, Wasser- und Luftverschmutzung sowie eine Verknappung des Trinkwassers. Die wachsenden Städte lassen den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen steigen und heizen damit den Klimawandel weiter an.

WDR (2018): Gründung der Stadt La Paz.

Klimawandel und Dengue-Fieber

Im Jahr 2019 erreichte das Dengue-Fieber in Lateinamerika mit über drei Millionen bestätigten Fällen einen neuen Rekord, sechsmal mehr Infizierte als im Vorjahr. Dengue-Fieber ist eine vektorübertragene Krankheit (VBD) wie Malaria oder Gelbfieber. Das Virus wird nicht direkt von Mensch zu Mensch übertragen, sondern über die Speicheldrüsen weiblicher Mücken. Zu der Besorgnis kommt hinzu, dass Südamerika Dengue-Fieber in gemäßigten Bergregionen der Anden erlebt, die keine Vorgeschichte der einst tropischen Krankheit haben. Der Klimawandel ist einer der Hauptgründe für die Epidemie, zusammen mit der Migration und dem Mangel an angemessenen sanitären Einrichtungen, denn “die Mücke“, die die Krankheit überträgt, kann sich an verschiedene Höhenlagen anpassen. Früher konnte sie in einer Höhe von 1.400 m überleben, aber aufgrund des Temperaturanstiegs in den letzten Jahren hat sie sich an ein Leben in 2.300 m angepasst.

The New Humanitarian (2020): Is global warming driving the spread of dengue across Latin America?

Videos/Bilder

The New Humanitarian (2010): Forced to Flee – Bolivia’s Changing Climate.

ZDF (2016): Bolivien: Demonstrationen gegen Wasserknappheit.

Quellen & Weitere Links