18: Alaska

Rekordverdächtig im Klimawandel

In Alaskas Arktis sind die Folgen des Klimawandels besonders gravierend und die langfristigen Auswirkungen kaum absehbar. Allein zwischen den Jahren 2014 bis 2019 hat der Klimawandel in Alaska 15 neue Rekorde aufgestellt. Darunter die Rekordhitze in der größten Stadt Alaskas Anchorage mit 32 Grad Celsius im Juli 2019 oder die Wildfeuer im Jahr 2015, in denen ca. 4 Milliarden Hektar Land in fünf Wochen abbrannten. Diese tiefgreifenden Umweltveränderungen, die mit extremen Wetterereignissen und Abweichungen vom bisherigen historischen Klima einhergehen, stellen eine Bedrohung für das abgelegen und im Einklang der Natur lebende Land dar. Mit einer Landfläche von mehr als 1476293 Quadratkilometer und der längsten Küstenlinie aller Bundesstaaten, ist Alaska größer als Texas, Kalifornien und Montana zusammen. Darüber hinaus befinden sich im Land 17 der 20 höchsten Gipfel der Vereinigten Staaten und schätzungsweise 100.000 Gletscher. Seine Naturdenkmäler: Die Berge, Tundren, Gletscher, Seen und Meere sind von so gigantischem Ausmaß, dass die Umwelt schier unveränderlich erscheint. Doch das Klima in Alaska verändert sich aufgrund der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und die Auswirkungen stellen eine immense Bedrohung da.

Jahreszeiten schwinden

Das Leben in Alaska folgt stark dem Rhythmus der vier Jahreszeiten: Der Eisaufbruch auf Alaskas großen Flüssen ist ein sicheres Zeichen für den Frühling; Waldbrände sind ein Sommerphänomen, und die kostspieligen Überschwemmungen an den Küsten der Bering- und Tschuktschenmeere sind seit jeher ein Herbstproblem. Viele dieser saisonalen Ereignisse haben innerhalb der letzten Jahre tiefgreifende Veränderungen erfahren. Der Klimawandel trägt dazu bei, dass der Frühling immer wärmer wird und die Schneeschmelze demnach früher einsetzt. Dies in Kombination mit immer stärker ansteigenden Temperaturen führt zu einer Vermehrung der Waldbrände, vor allem innerhalb der Waldbrandsaison: Die verbrannten Flächen vergrößerten sich von Jahr zu Jahr und haben mittlerweile ein Wachstumsfaktor von 50 % seit 1990 angenommen. Zudem beobachtet die Bevölkerung schon seit Jahrtausenden den Zeitpunkt des Eisaufbruchs am Tanana River bei Nenana. Die Auflösung hat tendenziell früher begonnen, insbesondere in den letzten Jahren. Der früheste Abbruch in der Geschichte des Nenana Eisklassikers war 2019, und zwar um sechs Tage. Dies mag für Außenstehende als geringe Differenz erscheinen, bedeutet allerdings für das dortige Leben gravierende Konsequenzen und die Suche nach Anpassungsstrategien.

Anka Agency International (2017): Gletscher in Alaska: Ein Eisbrocken bricht ab und stürzt krachend in den Ozean.

Doppelt so schnelle Erwärmung

schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt. Diese Erwärmung variiert stark innerhalb des Staates, wobei die Erwärmung in den nördlichen und westlichen Regionen doppelt so schnell ist wie im Südosten Alaskas. Festzustellen für alle Regionen ist jedoch, dass die Temperaturen im Schnitt wärmer sind als je zuvor innerhalb des vergangenen Jahrhunderts – demnach sind sie die offensichtlichsten Zeichen dieses Wandels. Zu den Faktoren, die zu dieser Erwärmung beitragen, gehören der Rückgang der Meereis- und Schneebedeckung, die Erwärmung der Ozeane und die Zunahme der Treibhausgase. Natürlich gibt es beträchtliche Schwankungen von Tag zu Tag und sogar von Jahr zu Jahr, je nach den durchschnittlichen Sturmbahnen, aber diese Trends sind unverkennbar. Eine der dramatischsten Veränderungen im Zentrum und im Norden Alaskas ist die Abnahme der Zahl der sehr kalten Tage im Winter (siehe Grafik). Des Weiteren wurden seit 2014 fünf- bis 30-mal mehr Höchst- als Tiefstemperaturwerte aufgestellt, die ein eindeutiges Zeichen für extremere Wetterverhältnisse sind. Diese Extreme an Land wird noch übertroffen von dem, was sich im Meer abspielt. Alaskas Changing Environment bekräftigt: “Nichts in der Umwelt Alaskas verändert sich schneller als das Meereis”.

Die zehn kältesten Jahre, die in Alaska aufgezeichnet wurden (blaue Punkte), lagen alle vor 1980. Gleichzeitig sind neun der zehn wärmsten Jahre seit 1980 aufgezeichnet worden. Grafik von Rick Thoman, Alaska Center for Climate Assessment and Policy.

Die roten Balken zeigen den prozentualen Anteil der wärmsten aufgezeichneten Temperaturen einer Station, die in den letzten 5 Jahren aufgetreten sind. Die blauen Balken zeigen den prozentualen Anteil der rekordverdächtig kalten Temperaturen eines Standorts, die im gleichen Zeitraum aufgetreten sind. Ohne den Klimawandel hätten nicht mehr als 10 Prozent der heißen oder kalten Temperaturextreme für den Zeitraum 1953-2018 in den letzten fünf Jahren auftreten dürfen. Stattdessen sind die Verhältnisse extrem einseitig, wobei an vielen Orten 20-30 % der wärmsten Temperaturen seit 2014 gemessen wurden. Grafik von Brian Brettschneider, International Arctic Research Center, basierend auf GHCN-Daily-Daten von NOAA NCEI.

Nichts in der Umwelt Alaskas verändert sich schneller als das Meereseis:

Nichts in der Umwelt Alaskas verändert sich schneller als das Meereis. Das Meereis spielt eine essenzielle Rolle für das Klima, die Umwelt und die Wirtschaft in Alaska. Das Vorhandensein von Meereis beeinflusst maßgeblich die regionalen Temperaturen und die Feuchtigkeit, bestimmt die Struktur des marinen bzw. maritimen Nahrungsnetzes und die Art der Aktivitäten, die die Menschen ausüben können oder nicht ausüben können: Von Subsistenzwirtschaft und Reisen, über Rohstoffgewinnung, bis hin zur nationalen Sicherheit. Die Ausdehnung, Dauer und Dicke des Meereises hat sich in den Meeren um Alaska erheblich verändert. In der Tschuktschensee zum Beispiel ist die Meereisausdehnung in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen, insbesondere im Spätsommer. Die typische Eisausdehnung im Sommer beträgt nur noch 10 % des Wertes der frühen 1980er-Jahre und die September-Eiskante der Tschuktschensee liegt jetzt regelmäßig Hunderte von Meilen nordwestlich der Küste Alaskas. Seit Jahrzehnten berichten die Gemeinden in der Beringmeer-Region, dass sich die Qualität des Meereises verändert hat, mit wenig oder gar keinem alten Eis und generell dünnerem Eis als in der Vergangenheit.

Die durchschnittliche Meereiskonzentration im September der Jahre 1988 (links) und 2018 (rechts), die beide typisch für ihre Epochen sind, zeigt viel geringere Eiskonzentrationen (oder kein Eis) in der Tschuktschen- und der Beaufort-See im Jahr 2018 im Vergleich zu 30 Jahren zuvor.

Aber nicht nur das Meereis verändert sich, auch die Meere sind vom Klimawandel betroffen. Die Meere um Alaska herum waren in den letzten Jahren ungewöhnlich warm und in einigen Fällen sogar noch nie wärmer als heute. Der „kalte Pool” von Wasser, der normalerweise in der Nähe des Meeresbodens im Beringsmeer zu finden ist, schwindet immer schneller. Dieses Verschwinden hat große Auswirkungen auf die Region, da der „kalte Pool“ eine Barriere für die Wanderung verschiedener aquatischer Arten nach Norden darstellt. Wenn die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre ansteigt, absorbiert der Ozean das zusätzliche CO2, wodurch der pH-Wert sinkt. Die Versauerung der Meere stellt eine große Bedrohung für die marinen Ökosysteme dar und die Risiken sind in den Polarregionen besonders drastisch, da sich CO2 in kaltem Wasser leichter löst. Diese Versauerungstendenzen bedrohen vor allem die traditionellen Ernährungsweisen der ansässigen Bevölkerung, da diese sich negativ auf die Fischerei auswirkt und damit existenzielle Grundlagen zerstört und wirtschaftliche und soziale Unsicherheit hervorruft .

Staffan Widstrand WWF (2016): Inuit in der Arktis.  

Reaktion auf Umweltveränderungen – die Notlage der Bevölkerung

Der Klimawandel ist sichtbarer denn je. Die Notlage von indigenen Völkern weltweit findet jedoch häufig wenig Beachtung. Auch für die indigene Bevölkerung Alaskas, die vor allem in den ländlich und dörflich geprägten Gebieten wohnen, stellt der Klimawandel eine maßgebliche Bedrohung dar: Ihre traditionelle Lebensweise und damit auch ihr Lebensunterhalt, ist maßgeblich durch die Jagt, den Fischfang und auch durch das Sammeln geprägt – und ist durch die zunehmenden Umweltveränderungen gefährdet; Sie erschweren das Reisen und den Zugang dieser Nahrungs- und Ressourcenquellen vor allem in Zentralalaska. Schrumpfende Erntefenster, späteres Einfrieren und dünneres Fluss Eis minimieren die Zeitspanne, in der es sicher ist, auf Flüssen auf Nahrungssuche zu gehen, während eine kürzere Schneesaison das Zeitfenster für Überlandreisen reduziert. Das beschleunigte Auftauen des Permafrostes und die sich verändernde Dynamik des Flussaufbruchs wirken sich auf die Schiffbarkeit der Flüsse und die Fanggebiete aus. Sprich: Bei derzeitigem Tempo ist die Chance zur Anpassung gleich null. Deshalb fürchten Alaskas Ureinwohner um ihren Lebensraum und ihre Lebensart.

Die Reaktion auf eine sich verändernde Umwelt ist ein komplexes Unterfangen, das in Alaska auf vielen Ebenen stattfindet. Seither haben Stammesregierungen, Städte, Gemeinden und der Staat Alaska Pläne entwickelt, um auf den Klimawandel reagieren zu können. Im Jahr 2008 wurden das Alaska Climate Change Impact Mitigation Program und das Coastal Impact Assistance Program ins Leben gerufen, um Gemeinden bei der Erstellung von Folgenabschätzungen der Risiken oder Auswirkungen von Umweltveränderungen auf Menschen und Gemeinden beschreiben und sie dann sowohl beispielsweise technisch oder auch finanziell zu unterstützen. Im Jahr 2010 veröffentlichte das Alaska Department of Fish and Game seine Klimawandel-Strategie, die die beispiellosen Umweltveränderungen in der Arktis anerkennt und die notwendigen Forschungsarbeiten und eine Strategie zur Reaktion auf die Klimaauswirkungen beschreibt. Planungen zur Klimaanpassung sind auf verschiedenen Ebenen in Alaska im Gange, darunter landesweite Planungsarbeiten der Bezirke, Städte und Dörfer der meist indigenen Bevölkerung. 

Videos/Bilder

ZDF (2021): Alaska taut. Alaskas Ureinwohner und der Klimawandel.

Quellen & Weitere Links