Klimawandel &
Flucht
Was ist Klimaflucht? Als Klimaflucht bezeichnet man eine Migration, deren Ursache im Klimawandel und der einhergehenden Umweltveränderungen steckt.

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KlimaFlucht
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Flucht
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Was ist
KlimaFlucht?
Als Klimaflucht bezeichnet man eine Migration, deren Ursache im Klimawandel und der einhergehenden Umweltveränderungen steckt. Klimaflucht ist keine rechtlich anerkannter Fluchtgrund (nach UN-Flüchtlingskonvention von 1951), es beschreibt vielmehr das Phänomen, dass weltweit Millionen Menschen wegen der Auswirkungen des Klimawandels vertrieben werden. Eine einzige Katastrophe – eine Dürre, Überschwemmung oder ein Sturm – kann die Heimat und die Lebensgrundlagen vieler Menschen zerstören. Doch auch fortschreitende Prozesse wie der ansteigende Meeresspiegel, schmelzende Gletscher und Wüstenbildung bedrohen Existenzen bereits heute. Wenn Gebiete unbewohnbar werden, müssen Menschen migrieren oder flüchten. Von den Folgen des Klimawandels sind nahezu alle Weltregionen betroffen. Doch das größte Ausmaß bekommen vor allem diejenigen zu spüren, die oft wenig Ressourcen und damit verbundene Anpassungsmöglichkeiten haben und somit am stärksten verwundbar und den Folgen der globalen Erwärmung oftmals schutzlos ausgeliefert sind. Ihnen bleibt häufig nur die Flucht. Warum aber hängt die Verwundbarkeit eines Staates vor allem von dessen wirtschaftlicher und sozialer Lage ab? Armut verschärft die Auswirkungen der Umweltveränderungen massiv, da für eine Anpassung an die Klimafolgen, z. B. durch Frühwarnsysteme oder effektiven Hochwasserschutz, vielerorts die finanziellen Mittel fehlen. Die Klimafolgen verschärfen wiederum Armut und behindern Entwicklung. Zu den am meisten davon Betroffenen zählen sozial oder politisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen, wie Beschäftige in kleinbäuerlichen Betrieben, Menschen, die in Slums wohnen oder indigene Bevölkerungen.
Klimaflucht als globale
Herausforderung
Zweifelsohne finden klimabedingte Flucht und Migration bereits statt. Schätzungen zufolge waren im Jahr 2018 fast 30 Millionen Menschen aufgrund von extremen Naturereignissen auf der Flucht. Solche Wanderungsbewegungen werden mit Voranschreiten des Klimawandels weiter zunehmen. Je nach Quelle könnten bis zur Mitte des Jahrhunderts zwischen 200 Millionen und einer Milliarde Menschen gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen.
Klimabedingte Migration findet am häufigsten innerhalb der Landesgrenzen oder in benachbarte Staaten statt. Das mag zunächst nicht nach einer globalen Herausforderung klingen, wird jedoch zu einer bei Betrachtung des internationalen Konfliktpotenzials, dass damit einhergeht. Der Klimawandel könnte zum Hauptfluchtgrund werden und verstärkt somit den Wettstreit um schwindende Ressourcen wie Wasser, Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Flächen überall auf der Erde. Klimaflucht wird aller Voraussicht nach den globalen Süden wegen geringer Ressourcen am stärksten betreffen – die Folgen dieser Klimaflucht werden international spürbar sein. Klimaflucht ist ein globales Problem, zu dem es eine globale nachhaltige Lösung braucht und das Mitwirken aller Staaten um die auf uns zukommenden Herausforderungen einzudämmen und zu verhindern. Es braucht eine globale gesamtgesellschaftliche Lösung und die Partizipation aller Staaten, um die auf uns zukommenden Herausforde-rungen einzudämmen oder zu verhindern.

Das Kernproblem:
fehlende Schutzrechte
Es fehlt eine allgemeingültige und rechtlich bindende Definition für den sogenannten „Klimaflücht-ling“. Ohne diese sind Menschen, die vor den Folgen des Klimawandels und Umweltkatastrophen ihre Heimat verlassen, nicht ausreichend geschützt.
Ein Großteil der auf dieser Weise vertriebenen Menschen bleibt in ihrem Land und Binnenvertriebene erhalten häufig wenig oder gar keine staatliche Unterstützung für ihre Umsiedelung und die wirtschaftliche Reintegration. Andere Probleme wie Landflucht, also die Migration in die Städte, und die Entstehung von informellen Armenvierteln, sogenannte Slums, spielen hierbei auch eine Rolle. Je nach Land und Kontext werden Binnenvertriebenen häufig die landestypischen Rechte und Pflichten zugesprochen und da sie nicht international Vertrieben liegt Zuständigkeit für Binnenvertriebene bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM).
Vor allem Menschen, die wegen des Klimawandels über eine Landesgrenze flüchten müssen, werden international noch zu wenig geschützt. Zwar erkannte der United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) die Herausforderung der durch Klimawandel und Katastrophen verursachten Vertreibung an (explizit genannt: Dürre und Hungernot), dennoch werden Vertriebene nur dann unter den Kriterien der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und ihres Protokolls anerkannt, wenn die Vertreibung in einem Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten stehen, die rassistisch, ethnisch, religiös oder politisch motiviert sind, oder in denen bestimmte Bevölkerungsgruppen unverhältnismäßig stark von solchen Katastrophen betroffen sind.
Die Nicht-Anerkennung des Klimawandels als Fluchtgrund führt dazu, dass Menschen geringeren internationalen Schutzanspruch und keinen oder einen unsichere Bleiberechtperspektive in dem Zufluchtsland haben. Laut dem UNHCR können regionale Definitionen die „Klimaflüchtlinge“ und ihren Anspruch auf Schutz auffangen. Zum Beispiel stellte Neuseeland 2017 ein „experimentelles humanitäres Visum“ vor, diese soll vertriebenen Menschen, von den besonders stark von Folgen des steigenden Meeresspiegels betroffenen Pazifischen Inselstaaten, legale Einwanderung nach Neuseeland ermöglichen.
Dennoch birgt das Fehlen einer internationalen Lösung das Risiko, dass die Anerkennung von Fluchtgründen eine regionale Einzelfallentscheidung bleibt. In den zumeist krisengeschüttelten Herkunftsländern ist davon auszugehen, dass den Schutzsuchenden kein ernsthafter Schutz vor den Schäden garantiert werden kann.
Zu der Frage ob, die Genfer Flüchtlingskonvention „Klimaflucht“ anerkennen sollte, lässt sich einerseits argumentieren, dass die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll veraltet sei und sollte folglich überarbeitet werden, um neuen globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel Rechnung zu tragen. Andererseits gibt es eine Reihe von Argumenten, die dagegensprechen, wie die fehlende Definierbarkeit, die politischen Schwierigkeiten einer Neuverhandlung und der damit verbundene finanzielle und administrative Aufwand.
Erste Schritte auf internationaler Ebene
Lösungen für den Schutz von Klimaflüchtlingen müssen jetzt gefunden werden. Die Vereinten Nationen stehen hier noch am Anfang. Immerhin erkennt die internationale Staatengemeinschaft die Herausforderungen einer klimabedingten Migration inzwischen an: Im Abschlussdokument der UN-Klimaverhandlungen in Cancún (2010) einigten sich die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention darauf, Migration, Umsiedlung und Flucht als Herausforderungen im Kontext der Anpassung an den Klimawandel anzusehen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Solche Schutzmaßnahmen wurden auch im Pariser Klimaabkommen von 2015 thematisiert. Die 196 Vertragspartnerschaften haben sich dafür ausgesprochen, beim Vorgehen gegen Klimaänderungen ihre jeweiligen Verpflichtungen im Hinblick auf Migration zu fördern und zu berücksichtigen. Auch der UN-Migrationspakt 2018 enthält eine Reihe von Grundsätzen und Verpflichtungen zwischen den Mitgliedstaaten zur internationalen Migration. So sollen Voraussetzungen für eine sichere, geordnete und reguläre Migration geschaffen werden. Darin sind die beiden Bereiche Klimawandel und Migration miteinander verknüpft: Das Abkommen beinhaltet eine Verpflichtung, Umweltbedingungen zu schaffen, in denen Menschen ihre existenzielle Grundlage langfristig sichern können und nicht zur Flucht gezwungen sind. Der UN-Flüchtlingspakt 2018 wurde kurz nach dem UN-Migrationspakt verabschiedet und hat vier zentrale Ziele festgelegt: den Druck auf die Aufnahmeländer mindern, die Eigenständigkeit und Widerstandsfähigkeit von Geflüchteten fördern, den Zugang zu humanitären Aufnahmeprogrammen in Drittstaaten ausweiten und die Bedingungen fördern, die eine Rückkehr in das Heimatland in Sicherheit und Würde ermöglichen. Was diesen allerdings vom Migrationspakt unterscheidet, ist die Personengruppe, die durch das Abkommen geschützt werden soll: Es orientiert sich an der Genfer Flüchtlingskonvention, bedeutet also, dass die Schutzansprüche nicht für Klimageflüchtete gelten.
Bislang ist es jedoch bei diesen Absichtserklärungen geblieben und es zeichnet sich auch international keine Bereitschaft ab, Klimaflüchtlingen einen eigenen Schutzstatus zu verleihen.
Anpassung unterstützen und Klimaschutz stärken
Die internationale Staatengemeinschaft ist gefordert, sich für den Schutz der Betroffenen einzusetzen und auf politische wie institutionelle Lösungen hinzuwirken. Die Betroffenen sind meist Länder des sog. „Globalen Süden“, sie sind gegenüber der Länder des sog. „Globalen Nordens“ oftmals gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich benachteiligt. Anpassungsstrategien müssen vor allem dort finanziell und technologisch unterstützt werden. Finanzielle Zusagen für den UN-Anpassungsfonds, der konkrete Anpassungsprojekte in Ländern des Globalen Südens finanziert, müssen in die Tat umgesetzt, Entwicklungsprogramme zur Armutsbekämpfung, sozialen Sicherung und Katastrophennachsorge gefördert werden. Schließlich sind Migration und die Umsiedlung bedrohter Bevölkerungsgruppen unter Wahrung der Menschenrechte und als Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel zu unterstützen.
Um die Auswirkungen des Klimawandels und damit auch von Klimaflucht abzumildern, ist die Begrenzung der globalen Erwärmung durch eine Reduktion der Treibhausgase unerlässlich. Hier sind die großen CO₂-Emittenten gefragt zu handeln. Die entwickelten Länder des Globalen Nordens sind dabei für den Großteil der globalen Emissionen verantwortlich. Die Konsequenzen tragen hauptsächlich die armen Bevölkerungsgruppen in den Ländern des Globalen Südens, deren Beitrag zum Klimawandel verschwindend gering ist.
Quellen & weitere Links
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